Google, SEO, und der Krieg um die Relevanz (1)

Wenn man sich mit Google auseinander setzt, stößt man als erstes auf Fragwürdigkeiten im Zusammenhang mit dem Datenschutz; ich hatte das Thema bereits in Arbeit. Ein ganz anderes Problem besteht darin, daß man bei einer Suchanfrage mit hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht das findet, was man sucht, sondern das, was einem von Google untergeschoben wird. Damit meine ich gar nicht eine absichtliche Manipulation von Suchergebnissen (obwohl es auch dies zu geben scheint), sondern die Problematik einer Technik, die darauf basiert, daß sie zu großen Teilen auf einem Geheimnis basiert.

In der Kryptographie gilt es als Todsünde, wenn man eine Verschlüsselung auf ein Geheimnis begründet, das der Hacker nicht kennen darf. Man fordert damit geradezu dazu heraus, daß sich alles darauf stürzt, es zu lüften - das ist fast so, als hätte man ein Computerspiel in die Welt gesetzt, mit dem sich dann eine sehr spezielle Schar von Gamern ein sehr spezielles Vergnügen verschafft. Ein Geheimnis kann man stehlen - durch Reverse-Engineering des Maschinencodes, aber auch durch einen Einbruch ins System oder gar in das Büro des Entwicklers. Die Alternative lautet, den Algorithmus offen zu legen - besser noch: auch den Quellcode zugänglich zu machen. Die Herausforderung an das Design steigt dadurch gewaltig - wenn man sich ihr nicht stellt, läuft dies aber letztlich hinaus auf - mehr oder weniger grandiosen - Selbstbetrug.

Genau solchem Selbstbetrug sitzt Google auf, wenn es jene Algorithmen und Verfahren im Obskuren hält, die die Relevanz von Websites für seine Suche bestimmen. Der Pagerank ist zwar gut dokumentiert und jederzeit nachvollziehbar - dabei ist er aber auch nur ein Kriterium für die Bewertung von vielen. Es genügt bei weitem nicht, der Grundidee des Pageranks zu entsprechen und lediglich eine große Menge Verweise auf die eigenen Seiten zu sammeln; wenn dies so einfach wäre (wie es dies bis vor kurzem auch war; Stichwort: Linkfarm), hätte man alle Möglichkeiten in der Hand, Google von außen zu manipulieren.

Das heißt jedoch nicht, daß dadurch jeder Manipulation Einhalt geboten ist. In der SEO-Szene ist man zwar letztlich nur wild am Raten, wie man bestimmte Suchergebnisse forcieren und Google austricksen kann (das "Optimieren" in "Search Engine Optimization" ist nichts anderes als ein Euphemismus). Gelegentlich trifft man dabei aber doch ins Schwarze - dann muß Google nachbessern, sofern man dort den Betrugsversuch überhaupt bemerkt. Das Ganze wird dann zu einem ewigen Hin und Her zwischen den Entwicklern bei Google, die das Heft im Spiel über die Vermessung der Relevanz im Netz in der eigenen Hand behalten wollen, und den Versuchen der SEO-Spezialisten, ihren Kunden erhöhte Aufmerksamkeit zu verschaffen.

In den Neunzigern gab es auf der einen Seite die Cracker; auf der anderen die Softwarehersteller mit ihren eher kläglichen Versuchen, ihre Werke vor fremden Zugriff zu schützen. Heute gibt es ein ähnliches Spiel zwischen SEO und Google - und daß hier um deutlich höhere Einsätze gespielt wird als damals, kann schon an den Gehältern ablesen, die ansonsten seriöse Firmen denen zahlt, die ihren Auftritt im Netz so sichtbar machen sollen wie nur irgend möglich.