14.8.2008

Tristanakkord (Nachtrag)

Wenn ich schon dabei bin, Spott und Hohn auszuteilen: die im vorherigen Eintrag verlinkte Quelle zur Interpretation des Tristan-Akkords bietet schön bunt gestaltete Seiten, ist aber letztlich so absurd-lächerlich wie ihr exaktes Gegenstück, das unbekümmerte, gleichwohl perfekt inszenierte Nicht-Verstehen (ich habe diese Dialektik, ehrlich gesagt, zunächst gar nicht mitbekommen).

Der Tristanakkord ist eine Doppeldominante mit tief alteriertem Quintton im Bass und großem Sextvorhalt (6+) vor dem Septimleitton

"Doppeldominante" ist OK: die 5.Stufe der 5.Stufe - H-Dur nach E-Dur, nach a-moll[1]. Der "tiefalterierte Quintton" ist das F im Baß - auch das ist letztlich OK. Die Rede vom "großen Sextvorhalt" jedoch vermischt Funktions- mit Vorhaltsharmonik, was zwei völlig unterschiedliche Stiefel sind (letztlich gibt es keine eindeutige Erklärung - man schlage nach bei Arnold Schönbergs Begriff der "vagierenden Akkorde").

Da versucht ein Oberlehrer, mit einem apodiktischen Satz alle Diskussionen über den Anfang der Moderne in der Musik abzufangen und in eine Schublade zu legen: als könne man Wagners Zeitenschnitt mit einer Formel umfangen und begradigen, gleichrichten und zum Spezialistenwissen degradieren; als wäre nur jener, der den zitierten Satz versteht, in der Lage, den Bruch nachzuvollziehen, der in der Geschichte der Musik hier klafft.

Ich könnte mich gerade wirklich in Rage reden.

  1. [1] Dabei schwebt die Frage in der Luft, wieso sich dieses Gebilde in den allerletzten Schlußakkorden nicht nach a-moll, sondern nach H-Dur auflöst.
(Kommentarfunktion z.Zt. deaktiviert.)