8.6.2008

Netzwerkprodukte (14)

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Mit den Restriktionen des Urheberrechts sind die meisten schon in Berührung gekommen, einfach, weil es so dicht mit unserem Alltag verwoben ist. Anders sieht dies bei seinen beiden Geschwistern aus, dem häßlichen Schwesterlein mit Namen Markenschutz, und dem martialischen Bruder, der gerade dabei ist, sich zum Präsidenten der Welt zu putschen, dem Patentrecht.

Der Markenschutz bringt die bekannten Merkwürdigkeiten hervor, wie eine Farbe, die plötzlich Eigentum eines Konzerns sein soll (das Magneta der Telekom), und einen als Marke eingetragenen Buchstaben (das "i" vor Begriffen wie iPod etc. durch Apple). Da fallen all die Versuche kaum noch auf, Begriffe des täglichen Lebens zu schützen. Im Großen und Ganzen ist das eine Geschichte, über die man eher amüsiert grinst - wenn man nicht das Pech hat, z.B. in einem Blog solch ein Markenzeichen unberechtigt zu benutzen, und plötzlich eine Abmahnung ihres Inhabers im Briefkasten hat.

Die Ursachen sind dieselben, die Folgen ungleich dramatischer: das Patentrecht hat sich dahin entwickelt, daß man ziemlich jede Entdeckung anmelden und schützen lassen kann, wodurch man sie mehr oder weniger in seinen Besitz bringt. Das betrifft nicht nur Verfahren in der Software wie Copy&Paste, an dem IBM die Rechte hält (und glücklicherweise darauf verzichtet, sie durch seine Rechtsabteilung durchzusetzen). Viel verheerender sind die Folgen der Anwendung des Patentrechts auf biologische und medizinische Funde. Jene Medikamente etwa, mit denen man die Folgen von AIDS entscheidend mildern kann, sind für jene Länder der Dritten und Vierten Welt, in denen die Seuche besonders heftig wütet, unbezahlbar - und die Herstellung von billigen Generika wird von der Pharmaindustrie erbittert bekämpft.

Natürlich sind das - und ich deute hier nur einiges an, weil es über das Thema hinausschießt - nicht etwa Auswüchse eines ansonsten vernünftigen Systems. Es sind Symptome einer Gesellschaft, die alle Werte verliert, weil ihr alles zum Wert wurde. Jeder Lebensbereich wird darauf abgeklopft, ob er Dinge enthält, die man zur Ware machen und handeln kann; all das, wo dies nicht gelingt, wird marginalisiert und aus dem gesellschaftlichen Kontext verstoßen. Die absurde Pointe dieser Veranstaltung kommt zutage, wenn die Produktion sich monopolisiert: der Markt schafft sich selber ab, Waren werden nicht mehr gehandelt, sondern zu diktierten Preisen verkauft.

In der industriellen Produktion hat es Jahrzehnte der Akkumulation des Kapitals gebraucht, um die heutigen weltweiten Oligopole und Monopole zu schaffen. Bei der Aneignung der intellektuellen Resourcen durch die Weltwirtschaft ist man einen Schritt weiter: man nutzt von Beginn an die Formen des Rechts, um den Markt zu verteilen. Man setzt kein Kapital mehr ein für Maschinen, um materielle Güter immer rationeller erzeugen zu können; man bezahlt die Köpfe der Rechtsanwälte, um den Anspruch an der Verfügung über jene der Erfinder durchzusetzen.

Ich bin weniger weit vom Ursprungsthema weg, als ich noch zu Beginn der Arbeit an diesem Eintrag dachte.

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