Neil Diamond - Live in Hamburg

In Wirklichkeit gibt es zwei Personen, die - wie zufällig - denselben Namen tragen: den ebenso blendend aussehenden wie scheinbar schüchternen Jüngling, in den sich in den Siebzigern noch jüngere, meist musikalisch unbeholfene Mädchen hoffnungslos verknallten; und den Mann Mitte sechzig, der jenen Jungen noch in sich trägt, jedoch weitaus attraktiver aussieht, weil er weitaus besser weiß, wovon schon sein jüngeres Ebenbild sprach. Ähnlich zwiespältig habe ich Neil Diamond in seinem Konzert erlebt.

Zum einen gab es den Wechselbaß im Rumbarhythmus, der den ewigen Gassenhauern wie "Sweet Carloline" oder "Forever In Blue-Jeans" ihr auf "1" und "3" klatschendes Schlagerpublikum bescherte - und dieses Publikum war in der Colorline-Arena massenhaft vertreten, klatschte euphorisiert im Stehen, um bei der nächsten Ballade gehorsam wieder auf den Sitzen Platz zu nehmen.

Auf der anderen Seite wurden die Songs von der neuen CD, "Home before Dark"[1], recht ausführlich vorgestellt - und das ist eine komplett andere Welt. Ich habe still gesessen und keine Antwort gefunden, wie man aus den drei Akkorden der D-Dur-Kadenz - die man seit Jahrhunderten benutzt hat und vernutzt wähnt - einen Song machen kann, den man seinem Sänger glaubt.

Das ist nicht wenig. Ich ziehe meinen imaginären Hut, und verzichte auf kleinliche Meckerei.

  1. [1] Den Vorgänger, "12 Songs", habe ich bereits vorher besprochen.