4.5.2008

Carl Nielsen, Sinfonie Nr. 1 + 5

Ich bin - wie so oft in solchen Dingen - durch Zufall über Carl Nielsen (1865 - 1931) gestolpert, die CD-Box mit seinen sechs Sinfonien lag auf dem Grabbeltisch bei Saturn. Nach kurzem Reinhören habe ich sie gekauft, in eines meiner Regale gestellt - und vergessen. So also geht das, dachte ich, als ich die Aufnahmen zufällig wiederfand, so geht das, wenn Musik aus dem Gedächtnis der Welt verschwindet.

Die 1.Sinfonie habe ich vor ein paar Tagen gehört, und war freundlich überrascht: das ist (natürlich) ganz viel Wagner-Harmonik, aber auch Eigenes, Moll-Terzverwandschaften etwa, oder ein merkwürdiges Vexierspiel von Tonarten zwischen Dur und Moll (das klingt gelegentlich fast ein wenig nach Bluesterz - obwohl das natürlich eine abwegige Assoziation ist). Dazu kommt ein Wille zur Form, der mich an Brahms erinnert - was gleichzeitig nicht recht passen will: da scheint immer ein Drang zum Erzählen durch, die Musik furchtelt mit den Händen und schneidet Grimassen, fast wie beim fünf Jahre älteren Mahler (den Nielsen, der das Werk als Fünfundzwanzigjähriger schrieb, noch nicht kennen konnte).

Die Aufnahme von Nielsens Fünfter lief gerade eben in meinem Wohnzimmer. Sie gilt (laut dem nicht sonderlich aussagekräftigen Booklet) als sein Meisterwerk, was ich nicht recht nachvollziehen kann. Die ewigen Ostinati (im ersten Satz) und die in Dur-Seeligkeit monierten harten Dissonanzen erinnern mich an Schostakowitsch, und sie erinnern mich an dessen Scheitern beim Versuch, die Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen durch Montage in die Musik hineinzuzwingen.

Ich muß zugegeben, daß ich irgendwann gelangweilt abgeschaltet habe (innerlich, die Aufnahme lief bis zu Ende), weil ich dieses Marschieren und Glück-im-Unglück-Gesuche einfach satt bin. Wahrscheinlich meint Nielsen aber etwas ganz anderes, und ich habe meine Schubladen allzuweit geöffnet, um das jetzt vernünftig beurteilen zu können.

(Diese Form der Langeweile ist übrigens eine weitere Möglichkeit, Dinge ins Vergessen zu befördern. Ich muß mich in acht nehmen)

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