23.2.2008

Gustav Mahler. Symphonie Nr. 6

Von den Symphonien Mahlers ist die 6. sein konventionellstes Werk (sofern man diesen Ausdruck im Zusammenhang sinnvoll verwenden kann), mit einem 1. Satz, der mit einem Sonaten-Hauptsatz daherkommt, und dessen Exposition sogar wiederholt; einem Scherzo mit deutlich abgesetzten Trio, einem langsamen Satz, dem ein singbares Hauptthema eine klar erkennbare Struktur gibt - und einem Finale, das sich jeder Zuordnung entzieht. Die Haupttonart ist A-moll, und findet sich in immerhin drei von vier Sätzen (das Es-Dur des Adagios wird in den ersten Takten des Finales in die Haupttonart zurückmoduliert - weswegen es keine gute Idee ist, die mittleren Sätze auszutauschen, wie das Mahler eigentlich verlangte).

Dabei kann man kaum behaupten, daß das leichte Kost ist. Beim ersten Hören nimmt man eine Unzahl einzelner Ereignisse wahr und wird kaum eine Struktur erkennen - und da das komplette Werk neunzig Minuten dauert, kann es schnell passieren, daß man sich entnervt abwendet.

Diese Musik ist wie ein riesiges, verwunschenes Schloß, in dessen verwinkelten Fluren und Gemächern man sich anfangs unweigerlich verirrt. Nach und nach gewinnt man einen Plan - und hat noch Wochen später längst nicht jedes der zahllosen kostbaren Details gesehen, die Wände und Flure schmücken.

Trotz dieser Schwierigkeiten würde ich die 6. empfehlen, wenn jemand einen Einstieg sucht: die anderen Symphonien setzen an Komplexität eher noch einen drauf.

Es gibt zahllose Einspielungen, und die fünf in meinem CD-Regal sind nur die Spitze des Eisbergs. Am gelungensten finde ich momentan Benjamin Zanders Dirigat des Philharmonia Orchester (und die habe ich auch gerade gehört):

  • Große Präzision, besonders im rhythmischen Bereich.
  • Hervorragendes Blech. Hörner und Posaunen glänzen - und die bewegensten Passagen gehören schließlich ihnen.
  • Die "Schicksalsschläge" im Finale kann man auf Anhieb heraushören - da wurde wirklich, wie von Mahler verlangt, ein ganz eigenes Schlaginstrument entworfen.
  • Nicht zuletzt: die Leistung der Toningenieure ist hervorragend, die Aufnahme ist excellent durchhörbar. Für den Auftritt eines mehr als hundertköpfigen Orchesters im eigenen Wohnzimmer ist das nicht ganz unwichtig.

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