25.8.2012

Ein Kuß nur

Ein Kuß.
Ein Kuß nur.

17.3.2012

Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum

Wie wenig gehört zum Glücke! Der Ton eines Dudelsacks. – Ohne Musik wäre das Leben ein Irrthum. Der Deutsche denkt sich selbst Gott liedersingend.

(Friedrich Nietzsche)

Wenn ich vor einem Werk der bildenden Kunst stehe und es betrachte, erlebe ich einen zeitlosen Gegenstand, vor dem ich mich – wie jeder Mensch – mit jeder Sekunde verändere. Meine Anteilnahme am Gegenstand wandert mit der Bewegung meiner Augen, die seine Oberfläche untersuchen; und während meine Erfahrungen im Umgang mit den visuellen Eindrücken möglicherweise eine neue Idee, eine neue Einsicht hervorbringt, steht es mir unverändert gegenüber. Aus diesem Spannungsverhältnis entsteht letztlich das, was Walter Benjamin als die „Aura“ des Kunstwerks bezeichnet[1].

Anders in der Musik. Sie verändert sich synchron mit meiner Wahrnehmung; sie lebt mit mir, in genau demselben Augenblick. Wenn ich etwas wie einen formalen Verlauf in ihr erkennen – sie „verstehen“ – will, muß ich einen Anker in die Zeit werfen: ich muß mich erinnern. Ich verstehe Musik so, wie ich meine eigene Existenz verstehe: im Versuch, einen Punkt in der Vergangenheit in Bezug zu setzten zum „Jetzt” – ein Punkt, der dann längst verloren ist und nur noch in meiner Erinnerung fortbesteht.

Nietzsche formuliert das Unbehagen an der so naheliegenden Faszination für Musik: jedes Leben ist ohne Musik undenkbar – und das ist eben keine Gnade, sondern ein Fluch. Er ist hier voller Spott: solches Leben gelingt nämlich auch dann, wenn man nur dem Pfeifen eines Dudelsacks hinterher hört (was in denkbar weitester Entfernung zu Nietzsches Ideal von Musik stehen dürfte, den Opern Richard Wagners). Der Spott trägt so weit, daß Nietzsche jenen, die auf Musik angewiesen sind, vorwirft, sich selbst Gott nur als in Musik versunken vorzustellen – als wenn Gott im Entferntesten auf jenen Trost verwiesen wäre, den Menschen in der Vergänglichkeit von Musik suchen.

  1. [1] Das ist nur eine grobe Vereinfachung – ich habe an anderer Stelle schon mehr zum Thema gesagt.

[Nachtrag:] Um einem möglichen Mißverständnis zuvorzukommen: ich versuche hier, ein Lieblingszitat vieler Musikbegeisterter in ein besseres Licht zu rücken. Das besagt keinesfalls, daß ich Nietzsches Einschätzung teile – ganz im Gegenteil: in meinen Augen bewegt er sich hier auf einem Gebiet, von dem er letztlich nichts versteht.

29.1.2012

Wenn die Sonne untergeht

Wenn die Sonne untergeht, bleibt die Erinnerung vom Tag
und wenn die Böller losgehen und das Feuerwerk die vom Jahr
und wenn ich aufwache und keinen Vater mehr habe die von der Kindheit
und wenn die Nacht kommt die von der Sonne
und alles ist gut.

Alles ist gut
alles Momente voll Freude, so gut oder schlimm sie waren
denn ich erinnere mich.

Dann das Erschrecken, wenn was ist Erinnern ist.

5.6.2011

Die Welt tuschelt

Die Welt tuschelt,
und es zieht mich, ihr gleich zu tun.

Ich bin eine Stimme
die nicht erklärt;

Klang

ganz nah einer
Maschine
sie nach Bedarf zu biegen.

27.5.2011

Wolkenfetzen, darüber eine Handvoll Sterne

Wolkenfetzen, darüber eine Handvoll Sterne –
diese Welt ist voller Schönheit,
selbst in der Sicht vom Balkon zuhause;
mit einer Zigarette im Mundwinkel, vielleicht.

21.5.2011

Tausend

Es gibt eine Balance zwischen dem Wunsch, gehört zu werden, und der Sehnsucht nach Stille.

Ich schreibe, oder schlafe, trinke den Wein oder ersehne eine – als ob „fremde” – Hand durch meine Haare:
schlafend Stille:
schweige, träumend.

Ich sollte Tagebuch schreiben, und zwar täglich, so wie sich das gehört. Einfach mal einfach die Fakten aufschreíben. So tun, als ob das so einfach wäre; jedenfalls NICHT in die Falle laufen zu behaupten Alles sei so kompliziert.

Return from subroutine – RTS, ein EIN Befehl.

Aber so einfach ist das ja nie.


[Dies ist mein tausendster Eintrag in mein Blog – dabei ist die Skizze oben sechs Jahre alt; entstanden, bevor ich damit begonnen habe, halbwegs regelmäßig ins 'Net zu schreiben.]

5.5.2011

Zwei Spiegel

(Themenzusammenhang)

Jedes Selbst hat zwei Seelen: die eine, die nach Liebe sucht und sich nach außen wendet; und die andere, die Gott verlangt und nach innen gerichtet ist. Beide Seelen sind auf Ziele aus, die sich nie erreichen lassen. Weil sie nur auf der Suche sein können – ohne Aussicht, ihre Sehnsucht je zu erfüllen – sind sie nicht nur die Hoffnung, sondern gleichzeitig der Alptraum hinter jedem Dasein.

Nicht genug damit, lassen sich beide Seelen leicht in die Irre führen und das Selbst oft darüber verwirrt zurück, welche Hoffnung auf welches Ziel gerichtet ist, und welche Seele sie adressiert. So führt das Verlangen nach Identität dazu, dies mit der Suche nach Liebe verwechseln, wie umgekehrt Verlorensein in der Welt dazu führt, an Gott zu verzweifeln.

30.12.2010

Ohne Musik wäre das Leben ein Irrthum

Ohne Musik wäre das Leben ein Irrthum.

(Nietzsche)

Ich würde diesen Satz, auf unsere Zeit gewendet, so formulieren: In jenem Maß, in dem das Leben ohne Musik ist, zeigt sich dessen Irrsinn.

[Nachtrag 1]: Aber das Zitat fällt ja ursprünglich in einem Kontext ganz anderer Sätze:

„Wie wenig gehört zum Glücke! Der Ton eines Dudelsacks. – Ohne Musik wäre das Leben ein Irrthum. Der Deutsche denkt sich selbst Gott liedersingend“

[Nachtrag 2]: Es ist wenig überraschend, wie oft man über das aus dem Zusammenhang gerissene Zitat stolpert, wenn man nach ihm googelt. Interessant ist schon, was man über den Satz dann zu lesen bekommt.


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